20. Februar 2022
Die Fotografie fristet mittlerweile ein beklagenswertes Dasein am Rand der Medienwelt. Und damit ist nicht ein Mangel an Bildern gemeint, im Gegenteil. Es fehlt an Qualität sowie eine Würdigung "stehender Bilder" generell.
Das ist nicht einfach zu erklären und stört vermutlich ohnehin nur Menschen, denen die Fotografie mehr bedeutet als das gelegentliche Bildchen mit der Handy-Kamera ohne jeglichen Anspruch.
Was aber in den Medien leider immer weniger Berücksichtigung findet: Gute Fotografien werten Inhalte auch auf, ohne, dass ihnen ihre Qualität direkt angemerkt wird. Ohne, dass der Betrachter ein besonderes Interesse an Fotografie haben muss.
Ein Beleg dafür ist ein Interview, das sich im Augenblick auf FAZ.net findet: Der Olympia-Fotograf Sebastian Wells spricht darin über die Winterspiele in Peking.
Es macht große Freude, das Interview zu lesen, denn die Aussagen von Wells sprechen gewiß vielen Fotografie-affinen Menschen aus der Seele. Eine zentrale Aussage findet sich dann auch sehr deutlich in den hervorragenden Fotografien, die das Interview begleiten.
"Ich richte mein Augenmerk auf die abseitigen Dinge, das Drumherum, und mache nicht die Nachricht zum Bild, sondern nach Möglichkeit das Bild zur Nachricht."
- Sebastian Wells, 18.2.2022
Das Bild zur Nachricht machen. Kann man es noch einfacher ausdrücken? Das Bild muss eigenständig seine Nachricht vermitteln, einerlei, ob es wie in diesem Fall ein Interview oder vielleicht in anderem Kontext einen anderen Beitrag begleitet.
Wer die Fotografien von Wells sieht und die Untertitel dazu liest, erhält die Sicht des Fotografen auf die Geschehnisse und Gegebenheiten vermittelt. Hier werden nicht Bilder zum Ereignis geliefert, die Bilder sind ihr eigenes Ereignis.
Es ist wunderbar, noch solche Kleinodien im Netz finden zu können. Das war heute und seit langem das Beste, was ich online lesen und anschauen durfte. Es scheint tatsächlich noch nicht aller Tage Abend zu sein für die Fotografie.
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