Saftladen

9. Mai 2022

In unserer durchorganisierten Gesellschaft haben es Erzeuger von Lebensmitteln schwer, mit ihren Produkten zu uns zu gelangen. Das liegt zum Teil an uns, wir haben verlernt, sie aufzusuchen.

Es passt nicht mehr zu unseren durchgetakteten Leben, bei unterschiedlichen Quellen einzukaufen. Es ist einfacher, den Bedarf bei einem einzigen oder einigen wenigen Anbietern zu decken. Gleichzeitig geht der Trend weg von frischen zu haltbaren Lebensmitteln. Nur wenige Einkaufstouren werden benötigt, je länger etwas aufbewahrt werden kann.

Die Bildsammlung markt möchte das thematisieren und zeigt Eindrücke von Umgebungen, in denen zwar nach wie vor Lebensmittel aller Art direkt von ihren Erzeugern frisch vom Feld angeboten werden. Allerdings wirkt in einer Welt der Getränkehandlungen mit regalweise Maracuja- oder Litschisaft das Bild eines Saftladens vom Wochenmarkt seltsam aus der Zeit gefallen.

Wer noch weiß, wie Himbeersaft frisch vom Erzeuger schmeckt, würde wohl kaum noch jemals die aus nicht nachvollziehbaren Gründen ebenfalls 'Saft' genannte Plörre aus Wasser, Zucker, Geschmacks- und Konservierungsstoffen zu sich nehmen, wie sie hektoliterweise schon die Gesundheit unserer Kinder ruiniert. Von den sogenannten Limonaden ganz zu schweigen.

Dass es dennoch ein so gutes Geschäft ist, derartige 'Lebensmittel' zu verkaufen, zeigt die Tatsache, dass eine ganze Industrie prächtig daran verdienen kann, während die einfache Form des Angebots aus Anbau, Ernte und Direktvertrieb dereinst womöglich vollkommen einer Welt aus 'angefertigten' Nahrungsmitteln weichen muss. Soylent Green läßt grüßen.

Genug gewettert. Die Erdbeerzeit ist angebrochen und ich muß für die tägliche Ration noch zum Bauer um die Ecke. Spargel ist hier auch bald reif. Wann immer es die Zeit erlaubt, ist der Besuch von Märkten und Markthallen eine lohnende Unternehmung. Die Kamera nicht vergessen, denn die Angebote sind anders als der handelsübliche Supermarkt stets auch etwas fürs Auge.