Ablenkung

10. April 2024

 

foto Aus dem augenblicklich noch verbliebenen Rest der Blogosphäre scheint sich eine Renaissance des Bloggens zu entwickeln. Allenthalben ist zu lesen, wie Blogger sich auf frühere Tugenden besinnen und mit einem Mal bemerken was ihnen fehlt, wenn sie in der kleinen Textbox irgendeines Kurznachrichtendiensts versuchen, Gedanken Ausdruck zu verleihen.

Meiner laienhaften Vorstellung nach benötigt ein Autor eine große leere Seite wie die Luft zum Atmen. Ebenso, wie einen eigenen Winkel im großen Weltnetz frei von Einflüssen und Interessen Dritter.

Ähnliches dürfte für die Fotografie gelten. Sowie das Sonnenlicht wieder hervor kommt und die Welt leuchten lässt, wollen die Wahrnehmungen im Bild festgehalten werden. Eine individuelle Betätigung, die sehr mit dem eigenen Inneren verbunden ist und einen möglichst großen Raum zur Resonanz benötigt.

Im Unterschied zum Schreiben müssen Fotografen sich erst hinaus begeben, um mit jedem Mal dem Unerwarteten im Vertrauten und Alltäglichen zu begegnen.

Gerade in Zeiten des nahezu ununterbrochenen vernetzt Seins bedarf es dabei der Lösung jener Bindungen und den mit ihnen verbundenen Ablenkungen. Im Sinne eines Magnetkompass, der von örtlichen Schwankungen des Magnetfeldes vom rechtweisenden Kurs abgelenkt wird, wollen Alltäglichkeiten unbeeinträchtigt von Erwartungen und Einflüssen des Netzes erspürbar werden.

Als dieser Tage die zähe, kalte Gräunis plötzlich von einem heftigen Sommereinbruch hinweggefegt wurde, waren wir gerade am Renovieren. Eine ebenfalls nicht gerade alltägliche Betätigung musste mit dem dringenden Wunsch vereinbart werden, endlich mal wieder etwas jahreszeitbedingt länger Vernachlässigtes zu unternehmen.

Dem kurzentschlossenen abendlichen Grillen am Samstag folgte am Sonntag spontan eine Unterbrechungn der heimischen Wandmalereien zugunsten eines Besuches der Dippemess. Unsere Malerarbeiten sind inzwischen abgeschlossen, zwei Filme bereits weggebracht und vom Labor auch schon entwickelt. Sage noch jemand, Fotografie auf Film sei langsam.

Noch wichtiger aber: Freiheit von Ablenkungen des Netzes wie auch von irgendwelchen Trends im Allgemeinen helfen der Fokussierung auf eigene Schwerpunkte beim Fotografieren ungemein. Immer deutlicher wird, wie sehr es die Fotografie erfordert, frei zu sein von Einflüssen, Trends und Strömungen.





 

Copyright © Ulrich Hilger, alle Rechte vorbehalten.