Leichte Sprache

24. Februar 2023

 

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Gewisse Menschen sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass es ihnen schwer fällt, andere Menschen wahrzunehmen, ihnen zuzuhören oder ihnen womöglich sogar ein gleichgestelltes Existenzrecht zuzubilligen.

Für sie sind Zahlen allenfalls Ausdrücke von Größenordnungen, wie in "Milliarden Dollar" zum Beispiel. Kleine Zahlen, wie "141 dafür, 5 dagegen" können sie in ihrer Bedeutung nicht unterscheiden. Die Aussage "die ganze Welt ausser Belarus, Nordkorea, Eritrea und Syrien möchte, dass den Ukrainern nichts passiert" erkennen sie darin nicht.

Natürlich dürfte die Grundlage, um die es geht, jedem Kind einleuchten:

Angriffskrieg bezeichnet die Anwendung von Gewalt durch einen Staat oder Staaten gegen einen anderen Staat, ohne dass der Angreifer (oder ein anderer verbündeter Staat) entweder von dem angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden wäre, ein solcher Angriff unmittelbar bevorstünde oder der angegriffene Staat dem Angreifer den Krieg erklärt hätte oder Teile seines Territoriums besetzt hielte.

Im modernen Völkerrecht besteht ein grundsätzliches Verbot des Angriffskrieges. Die Meinung in Teilen der Rechtslehre, nach der ein Souverän ein Recht zur Kriegsführung habe, das ius ad bellum, wurde nach dem Ersten Weltkrieg endgültig verworfen. Aber schon in der frühen Neuzeit und insbesondere im 19. Jahrhundert war dieses vermeintliche „Recht zum Krieg“ heftig kritisiert und nur von einer Minderheit der Rechtstheoretiker ernsthaft behauptet worden: Während ein allgemeines positivrechtliches Verbot des Angriffskriegs erst im 20. Jahrhundert normiert wurde, liegen die Wurzeln dieses Verbots also schon im 19. Jahrhundert.

Derlei Zusammenhänge und Grenzen sind dem Welt- und Selbstbild solcher Menschen nicht mit Vernunft vermittelbar. Schon im 18. Jahrhundert wusste Thomas Grey zu dichten:

Since sorrow never comes too late,
And happiness too swiftly flies.
Thought would destroy their paradise.
No more; where ignorance is bliss,
'Tis folly to be wise.

Gedichte sind freilich nicht die Sache solcher Menschen. Sie verstehen eher Tatsachen wie zum Beispiel die Versenkung eines Schlachtschiffes wie der "Moskau". Oder die Sprengung der Krim-Brücke. Ein Aufruf zum Frieden ist in der augenblicklichen Situation dagegen in etwa so naiv wie ein angreifendes Nashorn mit einem Büschel Gras in der Hand besänftigen zu wollen.

Millionen von Menschen blieb die Flucht als einziger Ausweg vor russischen Soldaten, die seit nunmehr einem Jahr zivile Einrichtungen und Infrastruktur wie bspw. Schulen, Krankenhäuser und Wohnhäuser im ganzen Land in Schutt und Asche legen sowie Männer, Frauen und Kinder der ukrainischen Zivilbevölkerung ebenso wahllos wie systematisch ermorden, foltern, verschleppen und vergewaltigen.

Den millionen Geflüchteten wie auch ihren weiterhin tagtäglich von Gewalt und Tod bedrohten Landsleuten in der Ukraine dürfte es mehr als zynisch vorkommen, von "Friedensaktivisten" aufgefordert zu werden, die Kämpfe zu beenden und sich nicht mehr gegen die Gräueltaten der russischen Angreifer zu wehren.

Sie können nur mit einfachen Bildern und leichter Sprache antworten und der Welt sagen, an wen Friedensbemühungen zu richten sind.





 

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